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Genesis im Schauspielhaus Zürich

«Als aber der Herr sah, dass der Menschen Bosheit gross war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar, ...» Genesis 6,5

Als Vertiefung des Unterrichts haben meine Schülerinnen und Schüler des Ergänzungsfaches Religionslehre und des Freifaches Religion am 19. Oktober 2012 in der ausverkauften Vorstellung von «Genesis» in einer Inszenierung von Stefan Bachmann im Schiffsbau des Schauspielhauses Zürich erlebt, wie der vollständige Text des ersten Buches der Bibel auf die Bühne gebracht werden kann. Es ist ein grosses Verdienst Bachmanns, das Wagnis eingegangen zu sein, den Text als ganzes in einer wissenschaftlich fundierten Übersetzung, der ökumenischen Einheitsübersetzung, erklingen zu lassen, zuerst Rede allein, die ans erste Kapitel erinnern, als Gott Himmel und Erde durch Worte geschaffen hat, gesprochen und manchmal aus einem Buch vorgelesen, von einem bärtigen Mann mit schwarzem Cowboyhut und Lederhosen, der die Rolle des Erzählers und Gottes in einem spielt, dargestellt von Michael Neuenschwander. Später kamen Requisiten hinzu, ein Papierschiffchen als Arche Noah in einer Wasserlache, ein auf einen Karton gezeichnetes Kamel, bis schliesslich lebende Schafe auf der Bühne erschienen. Mit Sara und Abraham tauchten schemenhaft Menschen auf, die zuerst Geschichten erzählten und einen zaghaften Dialog miteinander führten und schliesslich zu vollkommenen und handlungsfähigen Personen wurden. Die anfangs angedeuteten menschlichen Fehlentscheidungen, der Ungehorsam Evas und Adams, werden dann im Laufe der Aufführung konkreter vor Augen geführt. Eifersucht, Lüge, Heimtücke, List, Diebstahl und Machtkampf öffnen sich als menschliche Abgründe. So wurde deutlich, dass die zwischenmenschlichen Probleme seit jeher eigentlich die gleichen geblieben sind. Die Inszenierung ist dem Glauben an den Fortschritt verpflichtet und bezieht sich vorwiegend auf die historisch-kritische Textauslegung. Sie beginnt mit der Darstellung der archaischen Epoche und stellt daher die in den ersten Kapiteln der Bibel erwähnten Städte mit Hochkulturen, Babel und Ur, nicht dar. Allerdings wird der Text nicht seziert und neu zusammengesetzt, was diesem umso grösseres Gewicht verleiht.

Zu Fragen Anlass gab vor allem der im Text erwähnte und auf der Bühne erschienene Gott, der immer wieder parteiisch ins Geschehen eingreift, manche vernichtete, vielen aufhalf. Insbesondere die Szene, die durch heftiges Getöse und schrillen Lärm andeutet, dass Gott Sodom und Gomorra zerstört hat, löste Unverständnis aus. Ist Gott etwa ungerecht? Wie kann es sein, dass er Abraham scheinbar willkürlich erwählte und dass durch diesen Auserwählten «alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden» (Genesis 12,3) sollen? Gerade dies knüpft an die im Unterricht behandelte These Ludwig Feuerbachs an: «Das göttliche Wesen ist nichts anderes als das menschliche Wesen.» Wer hat nun wen erschaffen? «Gott den Menschen oder der Mensch Gott?» Über diese Frage und das dargestellte Gottesbild wird demnächst im Unterricht diskutiert.

Diese Inszenierung gibt «eine Aussenperspektive», die vertraute Auslegungen lockert (Stephan Landis, reformierte presse 38, 2012, S.9), die allen, die sich mit Theologie und Religion befassen, unsere Schüler und Schülerinnen eingeschlossen, helfen könnte, neu den Urtext der Genesis als literarische Einheit zu lesen und zu verstehen.

Dr. Christine Stuber



Genesis im Schauspielhaus Zürich
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6 Fotos


Aufgeschaltet am 19. Oktober 2012
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Genesis im Schauspielhaus Zürich
Foto: Toni Suter